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- Seraina
- 13. Nov. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Apr.
"Nein sagen lernen" Birgit Schönberger Artikel Psychologie Heute 10/2022
Altruismus hat einen guten Ruf. Wo kämen wir hin, wenn alle nur an sich denken? "Der ideale Mensch verspürt Freude, wenn er anderen einen Dienst erweisen kann", so formulierte es der griechische Philosoph Aristoteles. "Der kulturelle Imperativ in unserer Gsellschaft lautet: Helfen ist immer gut und zu viel auf sich selbst schauen ist schlecht. Doch das ist eine sehr verkürzte Sicht", mein Emanuel Jauk. Denn nicht jeder Egoismus ist notwendigerweise schlecht und nicht jeder Altruismus gut. Bei einem gesunden Egoismus stehen Wohlbefinden und wachstum der eigenen Person im Vordergrund. Daraus erwachsen die Kraft und Motivation, andere zu unerstützen. Eine geunde Selbstbezogenheit bewarht davor, sich im Dienen bis zum Burnout zu verausgaben.
Wann wird Altruismus schädlich? Wo verläuft die Grenze zwischen gesunder und ungesunder Nettigkeit?
Hinter übertriebener Nettigkeit kann die Angst stecken, mit einem Nein anzuecken und in den Augen der anderen als kompliziert zu gelten und so Wohlwollen und Zuneigung zu verlieren. Für Menschen, die sehr kooperativ, empathisch, rücksichtsvoll und nett sind, gibt es den Ausdruck people pleaser. Nach dem Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit ist der Faktor "Verträglichkeit" bei ihnen besonders ausgeprägt. Tatsächlich hilft dieser Persönlichkeitszuzg, mit anderen klarzukommen. Sie vernachlässigen jedoch eigene Gefühle und Bedürfnisse zugunsten anderer. Sie haben schnell den Eindruck, eine Belastung zu sein. Sie tun sich schwer Grenzen zu setzen und vermeiden Konflikte.
Hinter scheinbar selbstlosen Motiven kann sich ein schmerzhafter Hunger nach Anerkennungn verbergen. Wer viel für andere tut, erfreut sich am helper'shigh und geniesst es, ein guter Mensch zu sein. Es euphorisiert Menschen, wenn sie Gutes tun und dafür Dank erfahren. Das Gehirn schüttet Glückshormone aus. Klingt verlockend, hat aber leider einen Kehrseite: So lässt sich ein schwacher Selbstwert stabilisieren. Nettigkeit wird zur Abwehrstrategie, um mit Wertlosigkeitsgefühlen klarzukommen.
Pathologischer Altruismus: einseitiges Geben erzeugt ein Ungleichgewicht, vielleicht auch ein Gefühl von Verbitterung. "Die Spannungen, die daraus entstehen, müssen wieder abgebaut werden. Manche kompensieren das über narzisstische Regulationsmechanismen." (Emanuel Jauk)
Wer als netter Zeitgenosse gilt, kann sich meist gut einfühlen. Die Sorgen und Nöte von anderen aufzunehmen, zu erraten, was ihnen helfen könnte, und Unterstützung anzubieten, geschieht jedoch nicht aus reiner Selbstlosigkeit, behauptet Fritz Breithaupt (Buch: "Die dunklen Seiten der Empathie"). Empathie, so Breithaupt, lasse vor allem diejenigen sich gutfühlen, die sie empfinden: wer Empathie empfindet lebt reicher. Auf diese Weise könne das eigene begrenzte Selbst ausgeweitet werden. Auch kann sie dazu dienen, Eigene Bedürnisse zu befriedigen. So stellt Breithaupt bei manchen Entwicklungsprojekten infrage, ob sie wirklich allein für die Opfer gedacht sind. Empathisches Helfen kann also ein Ausdruck von Narzissmus sein.
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